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Kloster Disibodenberg
Im siebten Jahrhundert nach Christi Geburt kam ein Glaubensbote
namens Disibod von Irland über Frankreich nach Deutschland. Wie eine
Sage berichtet, hatte er die Weissagung, er würde dort eine Hütte
errichten und sich niederlassen, wo sein Wanderstab —kaum dass er in
die Erde gesteckt wurde— grünen werde. Er und seine Freunde zogen von
Ort zu Ort und predigten, aber Disibod wurde älter und älter, ohne dass
das Zeichen eintraf. Als er auf seiner Pilgerfahrt eines Tages dorthin
kam, wo Nahe und Glan sich vereinigen, da kniete der greise
Glaubensbote auf dem Rasen nieder und betete. Neben ihm steckte sein
Stab in der Erde und schlug unvermittelt grün aus. Ein weißes Reh kam
aus dem Wald und äste, wo eine Quelle klaren Wassers durch das Gras
plätscherte. Disibod stand auf und rief aus: "Hier ist ein heiliger Ort, hier
lasst uns Hütten bauen!". Aus den Hütten entstand später das Kloster
Disibodenberg, welches in den darauffolgenden Jahrhunderten ganz
entscheidenden Anteil an der kulturellen Entwicklung des Nahetales
hatte.
Von dieser Sage einmal abgesehen, ist die Quellenlage zur Geschichte
des Klosters Disibodenberg leider sehr unvollständig. Soviel aber ist
bekannt: um das Jahr 675 siedelte sich der irische Mönch Disibod mit
seinen drei Gefährten Gisbald, Clemens und Sallust auf der ehemals
keltischen und römischen Kultstätte des Disibodenbergs an. Aus ihrem
kleinen Kloster entwickelte sich in der Folge eine größere Abtei, welcher
Erzbischof Willigis von Mainz (975-1011) um die Jahrtausendwende
wichtigen Grundbesitz zusprach. Willigis unterstützte auch ganz
wesentlich den Aus- und Umbau des Augustinerklosters, das im Jahre
1098 jedoch von Benediktinern übernommen wurde. Unter Abt Kuno
kam es wenig später zu umfangreichen Erweiterungen des Klosters,
insbesondere auch zum Neubau einer dreischiffigen Basilika mit
Kreuzgang, die im Jahre 1143 vollendet wurde und deren Ruinen heute
noch besichtigt werden können. Seit dem Jahr 1112 existierte auf dem
Disibodenberg eine Frauenklause, aus der die Äbtissin
Hildegard von Bingen
hervorging. Nach der
Übernahme dss Klosters durch die Zisterzienser im Jahre 1259 kam es zu
einer eigentlichen Blüte, in deren Folge das Kloster auch in den Besitz der
Bad Sobernheimer
Pfarrrechte gelangte.
Die Klosteranlage wurde im
pfälzisch-zweibrückischen Krieg des Jahres 1504 teilweise zerstört, im
Jahre 1560 dann wegen Baufälligkeit ganz aufgegeben. Ab 1790 dienten
die Ruinen gar als "Steinbruch" für den Aufbau der umliegenden Dörfer.
Umfangreiche archäologische Grabungen und Sicherungsarbeiten
begannen erst vor wenigen Jahren. Seit 1989 kümmert sich die "Scivias"-Stiftung
um den Erhalt der Anlage auf dem Disibodenberg und hat dort
ein Museum eingerichtet. Der Name "Scivias" ("Wisse die Wege") geht
auf den Titel der von Hildegard von Bingen in lateinischer Sprache
abgefassten "Visionen" zurück, die wegen ihrer prallen Bildersprache bis
heute nichts von ihrer ursprünglichen Faszination verloren haben.
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Literatur
Günther Stanzl: Die Klosterruine Disibodenberg. Forschungsberichte zur
Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 1992
Blick vom Aussichtspunkt «Hindenburgblick» oberhalb von Odernheim
auf den Disibodenberg an der Mündung des Glans in die Nahe.
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