Der Jäger aus Kurpfalz
Als Volkslieder noch Allgemeingut waren, kannte fast jeder das Lied
vom "Jäger aus Kurpfalz". Heute ist dieses Lied vor allem in
Gesangvereinen zu hören. Die wenigsten aber wissen, dass der Jäger aus
Kurpfalz, Erbförster Friedrich Wilhelm Utsch (1732-1795), in
Rheinböllen
im Hunsrück geboren wurde. Er besaß in
Bad Sobernheim
das 1722 erbaute "Malteser Hospitalgut". Sein Dienstsitz war das Forsthaus
"Entenpfuhl" 10 km nördlich von Bad Sobernheim, das vom Kurhaus am
Maasberg über mehrere markierte Wanderwege durch den Soonwald
—über den "Zollstock"— leicht zu erreichen ist. Hier erinnert ein Denkmal
aus dem Jahre 1913 an ihn. Nicht weit von Entenpfuhl entfernt, steht
beim Dorf Auen, unvergleichlich schön am Waldrand gelegen, die
tausendjährige Willigis-Kapelle, wo der Jäger aus Kurpfalz nach
seinem Tode beigesetzt wurde. Diese Kapelle geht auf den Mainzer Erzbischof
Willigis zurück, der sie auch persönlich dem hl. Servatius weihte.
Willigis war Kanzler unter Kaiser Otto II. und hatte von diesem im Jahre
983 wesentliche Besitz- und Gebietsrechte im Nahetal und im Hunsrück
für geleistete Dienste erhalten. Willigis betrieb eine kluge und
konsequente Entwicklungspolitik im Hunsrück, die zu einer für die
damalige Zeit wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen
Erschließung führte. Um das Jahr 1400 wurde die Kapelle vermutlich
durch einen Brand zerstört und danach im gotischen Stil wieder
errichtet. Nach erneuter Zerstörung in den Kriegswirren des 17.
Jahrhunderts erfolgte schließlich im Jahre 1912 der Wiederaufbau des
Chores in der heutigen Form mit der Weihe der Kapelle zu Ehren des
Willigis.
Am Struthhof, wenige Kilometer vom Forsthaus Entenpfuhl entfernt, erinnert eine
weitere Gedenktafel an Johann Adam Melsheimer, der in der Zeit vor Utsch in den
Jahren 1719-1757
kurpfälzischer "Reitender Förster im Unteren Soon" war. Manche sehen in ihm den
legendären Jäger aus Kurpfalz. Fest steht, dass beide Herren über lange
Jahre Förster und "Jäger" im Soonwald waren, einem der größten zusammenhängenden
Waldgebiete Deutschlands, das bis heute vieles von seiner Unberührtheit und
Abgeschiedenheit bewahren konnte. Einer Gegend also, wo der "Job" des Försters
auch heute nichts von seiner Attraktivität verloren hat.
Tatsächlich ist der Wald ja nicht nur ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in Bezug
auf die Holzerzeugung. Der Wald schützt auch unseren Lebensraum auf
vielfältige Weise: (1) er sorgt für ausgeglichene Temperaturverhältnisse, (2)
er mildert die Auswirkungen extremer Niederschläge aufgrund seiner Fähigkeit,
große Wassermengen aufzunehmen und zu speichern, (3) er sorgt für ein stetiges
Wasserangebot über das ganze Jahr, (4) er schützt den Boden vor Erosionen und
erhält damit die Bodenfruchtbarkeit, (5) er bremst Wind und Sturm, (6) er
verhindert zu einem beträchtlichen Teil Erdrutsche und Steinschlag sowie
Lawinenabgänge im Hochgebirge, (7) er dämpft den Lärm und wirkt als Staub-
und Gasfilter, (8) er liefert Sauerstoff durch Photosynthese, und (9) er ist
Lebensraum für ungezählte Pflanzen und Tiere mit einer hohen genetischen
Vielfalt.
Darüber hinaus bildet unser Wald eine komplexe, wohl organisierte Lebensgemeinschaft,
an der Tausende von Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren teilhaben. Diese
Gemeinschaft bietet beste Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten für alle
Beteiligten, bedeutet aber gleichzeitig auch einen beständigen Kampf um Licht
und Boden. Deshalb haben Pflanzen und Tiere besondere Fähigkeiten entwickelt,
in den verschiedenen Schichten des Waldes einen eigenen Lebensbereich zu
behaupten. Die Baumschicht wird bestimmt durch das Laub- und Nadeldach
hochwachsender Baumarten, wie Eiche, Buche, Linde, Ahorn, Esche, Fichte, Tanne,
Kiefer und Lärche. Hier oben ist die Heimstatt von Vögeln, kletternden Säugetieren,
Moosen und Flechten. Das Kronendach entscheidet über Menge und Qualität des
Lichtes, das zum Unterholz gelangt. Die Unterholzschicht beherbergt neben den
durch natürliche Samung entstandenen Jungpflanzen vor allem Sträucher, wie
Hasel, Weißdorn, Schwarzdorn, Holunder, Schneeball und andere mehr. Als nächste
Schicht folgt die Krautschicht mit einer Vielzahl von Gräsern, Farnen, Klee,
Beeren und Waldblumen, die zu den feinen Geschmacksunterschieden des Waldhonigs
beitragen. Die Übergangszone zum Erdboden bildet die Moosschicht. Hier
dominieren Moose, Pilze und Flechten. Dazu kommt das Totholz in naturbelassenen
Wäldern, wo Hunderte Arten von Käfern, Spinnen, Asseln und Schnecken zuhause
sind. Schließlich kommt noch die Wurzelschicht, in welche die Nährstoffe aus
Laub und Totholz dank der unermüdlichen Zersetzungsarbeit ungezählter
Mikroorganismen zurückfließen.
Tipp am Rande: besuchen Sie doch einmal eine
der zahlreichen lokalen Töpfereien im Soonwald, wo traditionelle Töpfereiwaren der
Region hergestellt und verkauft werden.