Die Menschen des Nahetales
Im Nahetal haben sich keltische, römische und fränkische Einflüsse
miteinander vermischt. Die Menschen hier haben über die Jahrhunderte
hinweg viele fremde Herren erleben und erdulden müssen. Solche
Erfahrungen formen Menschen, die allen Wechselfällen des Lebens
trotzen, ja ihnen etwas Gutes abzugewinnen wissen. Wer viele fremde
Herren erleben und erdulden muss, bekommt natürlich auch einen Blick
für deren Schwächen, die er zu nutzen gelernt hat. Der den Deutschen
häufig nachgesagte Glaube an die Obrigkeit ist deshalb hier in dieser
Gegend eher schwach entwickelt. Der Naheländer hält sich an
Realitäten, er ist von dieser Welt, insbesondere auch weil es an der Nahe
so viele Gelegenheiten zum Feiern gibt. Was also immer er treibt, er
treibt es ganz, ob er nun arbeitet oder feiert. Es ist daher kein
Kompliment, wenn von jemandem gesagt wird: "der hot schon an alle
Strick gezoh, awwer noch käner verriss!"
Nach O. Conrad: An der Nahe, Görres-Verlag Koblenz 1986
Der Hunsrücker
Man sagt, es sei ein eher herber Menschenschlag, der dort oben im
"Gebirge" lebt und arbeitet. Vorsichtig, manchmal sogar ein wenig
misstrauisch, auf jeden Fall aber fleißig. Fleiss ist hier auch unbedingt
angesagt, denn lange Zeit lebten die meisten Hunsrücker nur vom Ertrag
aus der Landwirtschaft, vielleicht noch ergänzt durch Nebenerwerb im
Tagelohn in den Schiefergruben oder den wenigen Industriebetrieben
der Umgebung. An den täglichen Kampf mit den Naturgewalten
gewöhnt, sieht er der Realität des Lebens fest ins Auge und weiß genau,
worauf es ankommt. Er ist bescheiden und sparsam, aber nicht geizig,
sondern gastfrei und freundlich. Zu ausgelassener Fröhlichkeit ist er
nicht geneigt, verfügt aber über gesunden Humor und versteht sich auf
derbe Späße. Obwohl seine Heimat karg, kalt und bisweilen etwas
ärmlich wirkt, ist er stolz auf sie. Denn hier ist er geboren, spricht die
lokale Mundart und hat sich mehr oder weniger die Charakterzüge der
hier lebenden Menschen zu eigen gemacht. Und seit der aus dem
Hunsrückdorf Morbach stammende Regisseur Edgar Reitz mit seiner
berühmt gewordenen Verfilmung einer Hunsrücker Familienchronik
("Heimat") nicht nur dem Ort "Schabbach", sondern auch der ganzen
Region ein Denkmal gesetzt hat, wissen offensichtlich immer mehr
Menschen, die nicht aus der Region stammen, etwas mit dem Namen
"Hunsrück" anzufangen, können die Region sogar auf der Straßenkarte
finden —und verstehen vielleicht sogar, wenn es auf einem
Autoaufkleber heißt "Eich sinn in Hunsricker!".
Nach O. Conrad und P. Conrad:
Hunsrück — Land und Leute, Rhenania Verlag Koblenz 1981
Neugierig auf die Hunsrücker und Naheländer Tracht?