Morbach und «Vicus Belginum»
Der Luftkurort Morbach liegt auf der Nordwestseite des
Idarwaldes gegenüber von Usarkopf (724 m), Sensweiler Höhe
(734 m) und Steingerüttelkopf (757 m). Typisch für solche
Nordwesthänge des Hunsrücks sind die sogenannten
Quellmoore oder "Hangbrüche" (sie heißen im Dialekt "Briech" und
in der Einzahl "Bruuch"), einzigartige Biotope und Rückzugsgebiete
seltener Pflanzen und Tiere. Diese Quellmoore werden
von dem reichlich vorhandene Quellwasser aus dem Idarwald
gespeist und entstanden durch Staunässe, die sich in solchen
Senken sammelt, wo Tonerde ein Versickern oder Abfließen des
Wassers weitgehend verhindert. Die besonderen
Lebensbedingungen in den Senken mit ihrer dauernden Vernässung hat
dann über viele Jahrhunderte hinweg zur Entstehung von
Niedermooren geführt. Im Gegensatz hierzu beziehen
Hochmoore ihr Wasser ausschließlich durch Regen. Beiden
Moorarten gemeinsam ist eine gewisse Nährstoffarmut, die zu
speziellen Pflanzengemeinschaften führt. Hier wachsen seltene
Torfmoose (sphagnetum magellanici im engeren Sinne),
verschiedene Seggen- und Binsenarten, sowie für Moore
typische Pflanzen wie der Siebenstern (trientalis europaea), die
Moosbeere (vaccinium oxycoccos), das Torfmoos-Knabenkraut
(dactylorhiza sphagnicola), der Beinbrech (narthecium
ossifragum), der Rundblättrige Sonnentau (drosera rotundifolia),
der den Nährstoffmangel durch den Fang kleiner Insekten
ausgleicht oder der Königsfarn (osmunda regalis). Manche der
Moore sind mit Erlen und Birken bestanden. Charakteristisch für
die torfbildenden Vegetation ist, dass Torfmoose zeitlebens an
der Spitze weiterwachsen, während die unteren, älteren Teile
absterben und "vertorfen". Diese äußerst empfindlichen
Ökosysteme stehen vermehrt unter Naturschutz, um "die
Moorflächen als Standort seltener, in ihrem Bestande bedrohter,
wildwachsender Pflanzen und Pflanzengesellschaften zu erhalten". Zu
den botanisch interessantesten Hangbrüchen zählen das
geschützte Ortelsbruch (auf Holzstegen begehrbar mit
Moorlehrpfad), das Palmbruch (Naturdenkmal) und das Bruch
Engelswäsgeswiese bei Morbach (Naturschutzgebiet seit 1987).
Unweit von Morbach im Kreuzungsbereich der Hunsrückhöhenstraße
mit der Bundesstraße B50 lag bei Wederath die
untergegangene antike Siedlung Belginum an der hier
vorbeiführenden römischen
"Via Ausonia",
die von Mainz über
Bingen
nach
Trier
führte. Der Ort Belginum ("Vicus Belginum")
war ein typisches Straßendorf, verkehrsgeographisch und
strategisch äußerst günstig gelegen an der Kreuzung zwischen
der von West nach Ost verlaufenden Via Ausonia und der von
Nord nach Süd führenden Straßenverbindung von der Mosel
zur Nahe, die bereits zu keltischer Zeit existierte. In der Blütezeit
von Belginum, dem zweiten und dritten Jahrhundert n. Chr.,
lebten in diesem Ort etwa 200-300 Einwohner in Gebäuden, die
kombinierte Wohnhäuser, Werkstätten und Ladenlokale waren.
Auf einer Länge von 600 m reihten sich die Häuser dicht an
dicht, mit der Giebelseite zur Straße hin und möglicherweise mit
einem überdachten Gehweg. Dazu kamen zwei Tempelbereiche
und ein römisches Lager etwas nördlich von der Siedlung. Die
besondere Bedeutung des antiken Verkehrsknotenpunktes wird
insbesondere auch unterstrichen durch einen ganz in der Nähe
—in der Wederather Gemarkung "Hochgerichtsheide"—
gelegenen keltischen Friedhof aus der Latène-Zeit und der
römischen Zeit mit 2'500 Grabanlagen, 500 Aschengruben sowie
weiteren Friedhofsstrukturen wie Grabgärten, Wegen und
Umfassungsgräben. Heute wird an diesem nach wie vor
bedeutenden Verkehrsknotenpunkt das ambitiöse
Museumsprojekt "Archäologiepark Belginum" realisiert. Dazu
gehört ein im Jahre 2002 unweit des mittelalterlichen "Stumpfen Turmes"
eröffneter Museumsbau, aus dessen
Gebäudeinnern ein umfassender Blick auf die gesamte antike
Umgebung möglich ist: nach Westen zu den Tempelbezirken,
nach Norden ins Moseltal, nach Osten zu den Wederather
Gräberfeldern und nach Süden zur Siedlung Belginum. Von der
Gemeinde Morbach wird, gemeinsam mit den benachbarten
Gemeinden und Landkreisen, eine Vernetzung der
archäologischen Denkmäler im Hunsrück angestrebt.
Aus Morbach stammt zudem der Regisseur Edgar Reitz, der mit
seiner berühmt gewordenen Verfilmung einer Hunsrücker
Familienchronik ("Heimat") dieser Region ein Denkmal gesetzt
hat. Es ist deshalb nicht weiter überraschend, dass eine der
Schlüsselszenen des Films in der nahe bei Morbach gelegenen
Wasserburg Baldenau gedreht wurde. Diese einzige Wasserburg
des Hunsrücks —um 1320 erbaut von Balduin von Luxemburg,
Erzbischof und Kurfürst von Trier (1307-1354)— ist durch ihre
Lage und ihren eigenartigen Reiz bestens geeignet, Stoff für
große Geschichten zu liefern. Und dies bereits seit Balduins
Zeiten.