Rheinböllen im Hunsrück
Rheinböllen, an der alten Römerstraße
"Via Ausonia"
gelegen, ist das historische Zentrum der Hunsrücker Eisenindustrie,
wo mit der "Rheinböllerhütte" eine Eisengießerei fast 400 Jahre in
Betrieb war. In der langem Blütezeit der Rheinböllerhütte
fungierten fast 30 Eisenerzgruben in der näheren und weiteren
Umgebung als Zulieferer und sicherten den Betrieb. Diese
Eisenerzgruben wurden meist unter erheblich erschwerten
Bedingungen betrieben, denn der Hunsrück ist reich an armen
Erzen: die zwar recht zahlreichen Erzlager sind meist auf enge
Nester begrenzt, aber über weite Gebiete des Hunsrücks
verstreut. Der für den Hochofenprozess der Rheinböllerhütte in
erheblichem Umfange benötigte Kalk wurde aus den
nahegelegenen Kalksteinbrüchen in Stromberg bezogen, die
auch die dortigen Eisenhütten, die "alte Stromberger Hütte" und
die "Stromberger Neuhütte", belieferten. Als jedoch mit Beginn
des 19. Jahrhunderts die großen Eisen-verarbeitenden Industrien
im Ruhrgebiet und im Saarland die Produktion aufnahmen,
waren die "alten" Eisenhütten im Hunsrück aufgrund der viel
geringeren Qualität ihrer Eisenerze nahezu chancenlos und
mussten deshalb die Produktion nach und nach einstellen. Das
in der Abbildung gezeigte Waisenhaus aus dem Jahre 1864
wurde von der Industriellenfamilie Puricelli —Besitzer der
damaligen Rheinböller Eisenhütte— gestiftet und später durch
Krankenhaus und Altersheim ergänzt. Heute wird der Komplex
als Pflegeheim genutzt, wobei seine wuchtige Bauform für die
einstmals große Zeit Rheinböllens steht.
Das "Blücherhaus" zu Rheinböllen erinnert an den Neujahrstag
1814, als preußische und russische Truppen hier Station machten
bei der Verfolgung von Napoleon und seinen Armeen. Im 100
Hektar großen "Hochwildschutzpark Hunsrück" etwas
außerhalb von Rheinböllen haben neben Rot-, Dam- und
Schwarzwild, Wisenten, Luchsen, Wölfen und Bären auch viele
Kleintiere ein geschütztes Zuhause gefunden. Nördlich vom
Hochwildschutzpark liegt das "Naturschutzgebiet Struth", ein
Laubwald mit vielen Feuchtgebieten. Der Name "Struth" leitet
sich vom althochdeutschen "struot" ab (Gebüsch, Gestrüpp) und
bezeichnet steinige und sumpfige Gebiete, die einen
geschlossenen Hochwald nicht aufkommen lassen. Solche kaum
zugänglichen Gebiete entstanden während der letzten Eiszeit
vor 18000 Jahren in flachen, leicht nach Süden geneigten Mulden
über den wasser-undurchlässigen Schichten des
Hunsrückschiefers. Obwohl man in den vergangenen
Jahrhunderten durch die Anlage von Entwässerungsgräben
einen Großteil der einstigen Sumpfgebiete trockengelegt und
aufgeforstet hat, sind Birkenbruchwald aus Moorbirke,
Faulbaum, Pfeifengras und Seggen-Binsen-Beständen auch heute
noch die Charakteristika einer Struth.
Im südlichen Hunsrück gibt es neben der Struth bei Rheinböllen noch
die Woppenrother Struth, die Schweppenbacher Struth und den
Struthhof. Wer sich diese einsamen, aber prachtvollen Wald- und
Sumpfgebiete erschließen will, sollte dafür am besten mehrere Tage einplanen.
Einen Abstecher wert sind auch die in der näheren Umgebung von Rheinböllen
gelegenen Hügelgräber bei
Erbach, Dichtelbach und Mörschbach, die in
keltischer
Zeit angelegt wurden.