Herrstein an der Edelsteinstraße
Mit seinen Giebeln, Türmen, Mauern und Gassen ist Herrstein
das prototypische Beispiel einer mittelalterlichen Stadt an der
oberen Nahe. Die Gründung mittelalterlicher Städte hing meist
direkt mit der Erbauung von Burgen zusammen, da die
Landesherren (hier die Grafen von Sponheim) in dieser Zeit
systematisch Burgen zur Sicherung ihrer Besitzungen errichteten
und gleichzeitig Wert darauf legten, dass im Schutze dieser
Burgen größere Siedlungen entstanden, aus denen sie
Handwerker und vor allem Wehrmänner rekrutieren konnten.
Durch die Verleihung besonderer "Stadtrechte" —begründet in
der Regel mittels kaiserlichem Freiheitsbrief— wurde der Zuzug
an den Fuß der Burgen speziell attraktiv gemacht. Die Bewohner
durften sich aufgrund der hervorgehobenen Rechtsstellung
"Bürger" nennen, was sich von "Burg" ableitete. Städte und
Burgen waren außerdem Sitz von Gericht und Verwaltung. Die
Freiheiten der Bürger mittelalterlicher Städte hielten sich aber in
engen Grenzen, standen doch wenigen privilegierten
Patrizierfamilien und Handwerkerzünften die Mehrheit der
nicht "ratsfähigen" Bevölkerung gegenüber. Dies führte des
öfteren zu sozialen Spannungen. Alle Bürger waren für den
Unterhalt der Stadtmauer und zur Verteidigung von Burg und
Stadt verpflichtet. Zur Stadtmauer gehörten auch der
Stadtgraben und die Stadttore. Innerhalb der Mauern gab es in
der Regel einen Marktplatz, das Rathaus, mehrere öffentliche
Brunnen und eine Kirche. Keine Frage, alles grundlegende
Voraussetzungen für kulturelle Leistungen und Wohlstand
durch Handel, Märkte und Messen. Als eine besondere Eigenart
der mittelalterlichen Städte an der oberen Nahe betrieben viele
ihrer Bürger aber auch Landwirtschaft in der unmittelbaren Umgebung.
Obwohl Herrstein rechtlich alle wichtigen Voraussetzungen für
eine richtige Stadt besessen hat, ist es bis heute ein Dorf
geblieben. Dadurch blieb der mittelalterliche Stadtkern
weitgehend bewahrt. In Herrstein steht zudem das einzige
erhalten gebliebene mittelalterliche Stadttor an der oberen Nahe.
Dies weil die aus der Schlosskapelle hervorgegangene
Herrsteiner Kirche keinen Turm besitzt und man deshalb
anfangs des 19. Jahrhunderts die Gemeindeuhr samt Glocke
kurzerhand in das Stadttor einbaute. Der restaurierte Wehrgang
der Burg und drei ihrer Türme sind Bestandteil der Stadtmauer.
Eine Vielzahl behutsam und mit viel Engagement restaurierter
Bauwerke, uriges Kopfsteinpflaster, sowie viele Blumen, machen
den Charme und den Reiz des Städtchens aus (Stadtrechte aus
dem Jahre 1428). Man findet dort viele attraktive
Fachwerkhäuser aus dem 16.-18. Jahrhundert, den "Uhrturm"
(mittelalterliches Stadttor), eine Burg mit spätgotischer
Schlosskapelle und wertvoller Stumm-Orgel, einen mächtigen
Wachturm mit Wehrgang ("Schinderhannesturm": wo hat der Räuberhauptmann
Schinderhannes
eigentlich nicht eingesessen?) und ein barockes Amtshaus. All dies lädt zu
einem ausgiebigen Rundgang und zum Verweilen ein.
Detail am Rande: im Jahre 1674 rissen die Herrsteiner
Einwohner eigenhändig ihre Stadtmauer vor dem bedrohlich
heranrückenden Marschall Turenne ein und retteten damit ihren
Ort vor einer möglichen Zerstörung. Somit hat auch der heutige
Besucher noch die Möglichkeit, etwas von dem speziellen
Charme mittelalterlicher Städte unmittelbar und mit
Authentizität zu erleben. Daneben gibt es auch ein heimatkundliches
Museum, wo man sich über die Lebensweise
früherer Generationen informieren kann. An der Straße durch
das Fischbachtal, die Fischbach an der Nahe und Herrstein
verbindet, liegt nicht nur das historische Kupferbergwerk "Am
Hosenberg", das bereits im Jahre 1473 urkundlich erwähnt wird,
sondern es gibt dort auch die Steinbrüche mit den ergiebigsten
Mineral- und Edelsteinfundstellen weit und breit. Und es ist für
viele sicher ein ganz besonderes Erlebnis, eigenhändig eine
Druse aus der Erde herauszuholen. Bevor Sie sich jedoch auf
Schatzsuche begeben, sollten Sie unbedingt die einschlägigen
Broschüren studieren, denn ganz ungefährlich ist die
Edelsteinsuche in einem Steinbruch nicht. Weit weniger
aufregend sind da all die vielen Mineralienbörse.
Lohnenswert auch der Handwerker- und Bauernmarkt am 2. Wochenende im
September und der Martinimarkt am 1. Wochenende im November.