Riesling, die edelste deutsche Rebsorte
Ein Nahe-Winzer verbringt mit der Bearbeitung des Bodens, dem Pflanzen von Reben,
dem Pflegen der Rebstöcke, der Bekämpfung von Schädlingen, und natürlich der
Weinlese, etwa 1000 Stunden pro Jahr und Hektar im Weinberg ("Wingert"). Daran
hat sich seit den Zeiten Vergils (70-19 vor Chr.) wenig geändert, wie man in
seinen Gedichten zum Landbau "Georgica" (Liber Secundus: 404-412) nachlesen kann:
Wenn das letzte
Laub der Weinstock verlor,
wenn der Nordwind weggenommen
den Schmuck
der Wälder mit frostigem Hauch,
denkt in seinen Sorgen der Winzer an das
kommende Jahr.
Er tritt mit dem Messer, der krummen Sichel des Saturn,
in die verödeten Reben und schneidet sie stutzend.
Grabe den Boden
sogleich!
Und ins Feuer mit den Ranken, die du geschnitten.
Dann bringe
unter Bedachung das Pfahlwerk,
denk an die Lese zuletzt.
Zweimal im Jahr
droht Schatten den Reben.
Zweimal umzieht Unkraut in erstickendem Wuchern
die Pflanzen:
ein wahrhaft hartes Geschäft!
Besondere Pflege braucht der Riesling, die edelste deutsche
Keltertraubensorte für Weißweine, welche gute Standorte verlangt: gut
durchlüftete, mineralstoffreiche Böden, ein Sommer mit ausreichender
Wärme und Feuchtigkeit, ein trockener und sonnenreicher Herbst, mit
Vorliebe auch Steilhang-Bereiche. Tatsächlich ist der Riesling die
Weinrebe mit der längsten Wachstumszeit und damit der höchsten
Qualität. Das Ergebnis lohnt aber die Mühen, ergibt doch der Riesling
aus dem Nahetal ausgesprochen fruchtige, mineralstoffreiche Weine mit
feinen Säuren, schlank-elegant und alkoholarm. Gerade dies hat zur
Bekanntheit des Naheweines weit über die Grenzen des Naheraumes
hinaus beigetragen.
Der Riesling, früher auch Rösling oder Rüsling genannt, wurde schon im
Mittelalter im Nahetal angebaut, urkundlich belegt jedoch erst für das
15. Jahrhundert. Aus eben dieser Zeit stammt die folgende Geschichte:
der trinkfreudige Rheingraf Friedrich Wilhelm verwettete bei einem
seiner Festgelage auf der Ebernburg im Jahre 1439 das Naheweindorf
Hüffelsheim mitsamt seinen Einwohnern, indem er es demjenigen versprach,
der den mit Wein gefüllten Stiefel seines Kuriers in einem Zuge
leeren könnte. Ein solches Angebot ließ sich der Wein- und trinkgewohnte
Ritter Boos von Waldeck natürlich nicht entgehen und gelangte
auf diese Weise in den Besitz des Dorfes. Der Volksmund will wissen,
dass der Ritter sogleich nach einer zweiten Füllung des Stiefels
verlangte, um damit auch in den Besitz des Weindorfes Roxheim zu
gelangen —worauf sich der Rheingraf allerdings nicht mehr einließ.