Johannes Trithemius, Humanist der Renaissance
Der in
Bernkastel-Kues
an der Mosel geborene Universalgelehrte, Philosoph und Kirchenfürst
Nikolaus von Kues
(1401-1464) war mit seinen
Schriften zur Philosophie und Wissenschaft ein genialer Vordenker der
Neuzeit. Ihm ging es als Wissenschaftstheoretiker zunächst vor allem um
die Erkenntnislehre der lateinischen und griechischen Welt. Ausgehend
von dieser Lehre, sah er in den auf Erfahrungen und systematischen
Versuchen aufgebauten Naturwissenschaften -sowie in der Gewissheit
der Sätze der Mathematik- den fundamentalen Rückhalt allen
Erkennens. Seine theoretischen Schriften bedeuteten damit das Ende
mittelalterlichen Denkens. Seine Arbeiten reichten von mathematischen
Problemen, wie der Quadratur des Kreises, bis hin zum universalen
Konzept einer Weltreligion, in der alle Religionen im letztlich
gemeinsamen Kern zusammenkommen. Im Jahre 1462, zwei Jahre vor
dem Tode des Nikolaus von Kues, wurde in
Trittenheim
an der Mosel mit Johannes Trithemius (ursprünglich Johannes
Heidenberg oder auch Johannes Zeller von Trittenheim) ein weiterer
bedeutender humanistischer Gelehrter des ausgehenden Mittelalters
geboren. Nach dem Besuch der Schulen in Trier, Köln, den Niederlanden
und Heidelberg, trat er im Jahre 1482 in das im Nahetal gelegene
Benediktinerkloster
Sponheim
ein und wurde dort
kurze Zeit später zum Abt gewählt. Mit ihm entwickelte sich das Kloster
zu einem Zentrum humanistischer Gelehrsamkeit und geistigen
Austausches ("Klosterhumanismus").
Die von Trithemius mit großem
Engagement und großer Energie angelegte Bibliothek umfasste mehr als
2000 Bände mit griechischen, lateinischen und hebräischen Schriften, ein
für die damalige Zeit herausragender wissenschaftlicher Fundus. Diese
Bibliothek und das geistig hochstehende Umfeld des Klosters hatten
einen nicht enden wollenden Strom von berühmten Besuchern zur Folge
und führten zu einer weitgespannten Korrespondenz zwischen
Trithemius und allen bedeutenden Gelehrten seiner Zeit. Literarischen
Ruhm brachte Trithemius das heute noch anerkannte Nachschlagewerk
über die kirchlichen Schriftsteller "De scriptoribus ecclesiaticis" ein, die
erste gedruckte Literaturgeschichte und Bibliographie der Weltliteratur.
Umstritten sind seine Werke zur Geschichtsschreibung des Klosters
Sponheim, in denen er sich einiger historischer Fälschungen bediente
—zum Wohle seines Klosters, versteht sich. In ein ganz anderes Kapitel
gehören die späteren "historischen" Werke, wie das Buch über den
Ursprung der Franken ("De origine gentis Francorum compendium"), wo
ganze Passagen im Stile eines historischen Romans frei erfunden sind.
Sie wurden in erster Linie wohl verfasst, um den Geschichtsbedürfnissen
seiner Gönner Genüge zu tun, allen voran Kaiser Maximilian, der mit
allem Nachdruck an einer "glorreichen" Darstellung der Geschichte des
Hauses Habsburg interessiert war.
Nach internen Querelen verließ Johannes Trithemius das Kloster
Sponheim im Jahre 1506 und setzte sein literarisches Schaffen in der
Abtei St. Jakob in Würzburg unter schwierigen Bedingungen fort, wo er
1516 starb. Zu seinem umfangreichen Oeuvre gehören auch etwas
dubiose Werke, die sich mit Geheimschriften ("Polygraphia"),
kryptographischen Theorien ("Steganographia") und Alchemie befassen,
inklusive magischer Rezepte und religiös-psychologischer Deutungen
der Natur (was auf die Vorstellung der "prima materia" des Aristoteles
zurückgeht). Allerdings sind es gerade diese letzteren Werke, die in
jüngster Zeit die Neugier einer breiteren Leserschaft geweckt haben. Das
Portrait von Johannes Trithemius entstand vermutlich um das
Jahre 1510 und stammt aus der Hand des großen Augsburger Malers
und Graphikers Hans Burgkmair (1473-1531), der mit seinem ganz
eigenen Stil die deutsche Renaissance mit beeinflusst hat. Das Original
von Hans Burgkmairs Zeichnung befindet sich im
Musée Dondé de Chantilly bei Paris.