Bacharach am Rhein
Keine Frage, dieser Weinort ist ein touristisches Muss für jeden Besucher, der
an den Mittelrhein kommt. Der Ortskern von Bacharach mit seinen malerischen
Gassen und ausnehmend schönen Fachwerkhäusern liegt hinter mittelalterlichen
Ringmauern, mit deren Bau bereits im Jahre 1344 begonnen wurde und die in großen
Teilen bis heute erhalten geblieben sind. Die Türme auf der Rheinseite hatte man
durch einen überdachten Wehrgang miteinander verbunden, ein überaus lohnender
Spaziergang durch vergangene Jahrhunderte. Die drei noch vorhandenen Stadttore
waren Bestandteile des Ringmauer-Systems und haben ganz wesentlich zum
unverwechselbaren Charakter dieses Städtchens beigetragen. Das Münztor liegt im
Norden, das Markttor in der Mitte und das Krahntor in unmittelbarer Nähe des
mittelalterlichen Warenumschlagplatzes und der ehemaligen kurpfälzischen Zollstelle,
wo die rheinabwärts zu transportierenden Güter nach Passieren der Untiefen beim
Binger "Loch" auf größere Schiffe umgeladen wurden. Tatsächlich war Bacharach im
Mittelalter, bedingt durch seine verkehrsmäßig ausgesprochen günstige Lage, einer
der zentralen Handels- und Warenumschlagplätze für Wein und Holz am Mittelrhein,
mit dem entsprechenden Angebot an Lagerhallen. Dazu kam der Bacharacher Zoll, der
eine wichtige, beständig sprudelnde Einnahmequelle für die Landesherren
darstellte. Als ausgesprochen prosperierender Wirtschaftsstandort wurde Bacharach
deshalb bereits im Jahre 1254 in den "Rheinischen Städtebund" aufgenommen und
erhielt 100 Jahre später die Stadtrechte. In der Folge wurden ab dem Jahre 1356
in der "Alten Münze" auch die Gulden und Heller des kurpfälzischen Münzvereins
geprägt. Nach dem Abbau der Rheinzölle in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
und dem Wegfall der damit verbundenen Handelsbeschränkungen ist Bacharach zwar
wichtiger Handelsplatz für Wein geblieben, aber die wirtschaftlichen Aktivitäten
haben sich zunehmend in Richtung Tourismus verschoben, begünstigt durch die
Entdeckung des "Romantischen Rheins" durch die Engländer und die Öffnung des
Binger Loches.
Am Markt, im Zentrum von Bacharach, befindet sich das weit herum bekannte "Alte
Haus", ein prachtvoller Fachwerkbau mit ausladendem Eckerker und vier Giebeln.
Die Häuser stehen hier dicht an dicht, denn das enge Steeger Tal mit seinen steil
aufsteigenden Hängen lässt nicht sehr viel Raum. Die Peterskirche ist in das Netz
der engen Gassen perfekt "eingepasst". Ihre ältesten, spätromanischen Teile
datieren bis ins 12. Jahrhundert zurück. Überragt wird Bacharach von der
hochgotischen Wernerkapelle, die im Jahre 1287 auf kleeblattartigem Grundriss
begonnen wurde. Angeblich als Sühne für den Mord an einem Knaben aus Oberwesel,
dessen Leiche hier im gleichen Jahre angeschwemmt worden sein soll. Nach
zögerlichem Baufortschritt und nach mehrfachen Unterbrechungen wurde die Arbeit
an der Kapelle im Jahre 1426 wieder in größerem Umfange aufgenommen, aber nie ganz
vollendet. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts mussten Gewölbe und Dach wegen
Baufälligkeit entfernt werden. Damals erhielt die Kapelle ihre heutige Form. Die
Wernerkapelle zählt zu den edelsten Bauten rheinischer Gotik mit Straßburger
Maßwerkformen. Sie geht jedoch vermutlich auf Arbeiten von Kölner Baumeistern
zurück. Wegen ihres schlanken und selbst als Ruine "vollkommenen" Erscheinungsbildes
wurde sie zu einem der Sinnbilder des romantischen Rheins.
Hoch über Bacharach liegt die Burg Stahleck, eine der berühmtesten Rheinburgen des
Mittelalters und einst Sitz der rheinischen Pfalzgrafen. Hier siegte einmal die
Liebe über die endlosen Rivalitäten zwischen den Geschlechtern der Welfen und
Staufer, als im Jahre 1194 Agnes von Stahleck, die Nichte des damaligen Kaisers
Barbarossa, heimlich und gegen den Willen des Vaters den Sohn Heinrichs des Löwen
heiratete. Nicht weiter verwunderlich, dass dies einigen Ärger verursachte, hatte
doch für einmal die kalte Machtpolitik das Nachsehen. Interessant ist, dass die
Burg trotz ihrer Höhenlage in die Stadtbefestigung integriert war. Wie so viele
andere Burgen der Region, wurde Stahleck im Jahre 1689 durch französischen Truppen
besetzt und anschließend in die Luft gesprengt. Vor nicht einmal 100 Jahren baute
man die Burg in ihrer jetzigen Form wieder auf. Heute beherbergt sie eine der
schönsten Jugendherbergen Deutschlands, die wegen ihrer attraktiven Lage jedes Jahr
viele tausend Besucher aus aller Welt anzieht. Möchte man Bacharach und seine
besondere geographische Lage einmal etwas abseits vom großen Touristenstrom bewundern,
so bietet sich der mit Abstand schönste Ausblick auf die Stadt vom "Pfostenturm" aus
an. Dieser steht inmitten eines steilen Rebberges auf der gegenüber liegenden
Talseite von Burg Stahleck. Natürlich kostet das Aufsteigen etwas Schweiß: wie
mühsam muss es doch sein, die Rebberge zu bewirtschaften. Hat man jedoch auf steilem
Pfad erst einmal an Höhe gewonnen, so liegt einem der Ort im wahrsten Sinne zu Füßen,
mit dem Turm der spätromanischen Peterskirche, den Ruinen der hochgotischen
Wernerkapelle und der Burg Stahleck zum Greifen nahe.