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Idar-Oberstein
In einer Enge zwischen steilen Felsenhängen und dem Ufer der Nahe
liegt Idar-Oberstein. Da hier kein Quadratmeter Boden verschenkt
werden kann, hat man den Fluss innerorts ganz einfach überdeckt: d.h.
die Nahe fließt seit 1986 über einige Kilometer hinweg unterirdisch
durch die Stadt. Die weltberühmte Felsenkirche (1482-1484), deren
Entstehung der Sage nach auf einen Brudermord zurückgeht, ist hoch
über der Altstadt in eine senkrechte Felswand eingebaut und gibt
Idar-Oberstein ein ganz eigenes Gepräge. Die steilen Treppen hinauf zur
Felsenkirche werden jedes Jahr von ungezählten Besuchern aus aller
Welt erklommen, deren Mühen aber durch eindrückliche Kunstwerke
mehr als belohnt werden. So gibt es unter anderem einen gotischen
Flügelaltar von 1410 und eine schöne Stumm-Orgel aus dem Jahre 1756
zu sehen. Die Lage der beiden Burganlagen mit altem und neuem
Schloss hoch über der Felsenkirche lässt erahnen, wie stolz die Herren
von Dhaun und Oberstein im Mittelalter über der Stadt und dem Tal
gethront haben.
Was die Stadt außer der Felsenkirche berühmt gemacht hat, ist die
Achatschleiferei. Tatsächlich ist kein anderes Fundgebiet in Europa
durch eine so große Vielfalt von Achaten der unterschiedlichsten Formen
und Farben ausgezeichnet wie die Region Idar-Oberstein. Die "Geburt"
der Achate liegt im Perm vor 285 Millionen Jahren und ist auf
ausgeprägten Vulkanismus im Nahetal zurückzuführen. Achate füllen
Blasenräume im vulkanischen Gestein, wobei jedoch nicht genau geklärt
ist, auf welche Weise sich das Quarz in den Blasen angesammelt und zu
Achaten umgewandelt hat. Entstanden sind zu dieser Zeit auch
Rauchquarze, Amethyste, Jaspise und Calcite. Anfänglich bearbeiteten
die Achatschleifer Halbedelsteine aus der Region (gewerblicher Abbau
von 1375-1875) in ihren kleinen Schleifmühlen entlang der wasserreichen
Bäche, die von Idarwald und Hochwald her der Nahe zufließen. Heute
werden die Rohsteine aus aller Herren Länder importiert. Mit der Zeit
entstand neben der Achatschleiferei eine hochentwickelte
Schmuckindustrie, die auch den Handel mit Edelsteinen und Perlen
umfasst. Damit wurde Idar-Oberstein ein internationales Zentrum der
Schmuckindustrie, wo
Achate
und vielleicht auch andere
Edelsteine
zum Träumen verführen.
Wenige Kilometer naheaufwärts von Idar-Oberstein mündet, vom
Hochwald kommend, der Siesbach in die Nahe. Dieser eigentlich eher
unbedeutende Bach bildete einst die Grenze zwischen den römischen
Provinzen Gallia Belgica und Germania Superior, später dann
zwischen den Einflussbereichen der Erzbistümer Trier und Mainz. Im Oberlauf
des Siesbaches wurde in den Jahren 1976/1977 im Waldbezirk "Kipp" am
Fuße des Hochwaldes ein ausgedehnter
gallo-römischer Grabhügel
vollständig ausgegraben, der mit seiner Grabarchitektur und seinem
Grabinventar den Einfluss der
römischen Kultur
auf die einheimische Bevölkerung der
keltischen Treverer
auf eindrückliche Weise dokumentiert. Das nicht nur für den Naheraum bedeutende
archäologische Denkmal wurde als Familiengrabstätte zwischen 167 und
174 n. Chr. von einer vornehmen und zu offensichtlichem Reichtum
gekommenen Treverer-Familie für drei Bestattungsvorgänge genutzt
und um das Jahr 175 n. Chr. fertiggestellt. Überaus lohnend für einen
Überblick über die keltisch-römische Geschichte ist ein Abstecher ins
Museum
im nahegelegenen
Birkenfeld.
Die Besichtigung des gallo-römischen Grabhügels bei Siesbach lässt sich gut mit
einer Wanderung von Idar-Oberstein aus verbinden: den Idarbach entlang, an der
Weiherschleife vorbei bis zur Friedenseiche, von dort hinauf nach Hettenrodt und
über Siesbach zur "Struthchaussee" am Fuße des
Ringskopf.
Wer es bequemer möchte, kann auch mit dem Auto über Kirschweiler (am Golfplatz
unterhalb der Kirschweiler Festung vorbei) dorthin gelangen.
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Literatur
H.P. Brandt: Zur Geschichte des Achatbergbaus im Nahegebiet. Charivari Idar-Oberstein, 1978
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